Thomas Schnura erklärt in diesem Beitrag zur Prüfungsvorbereitung Psychotherapie, wie man mit Suizid, Suizidalität, einer Suizidankündigung oder Suizidgefahr bei Patienten umgeht. Er geht auch darauf ein, wie man eine Suizidale Krise überwindet.
Zweifellos sind der Suizid und die Suizidalität ein beängstigendes Thema und da stellt sich auch die Frage, wie ist mit einem Menschen umzugehen, der in seiner Vorgeschichte einen Suizid aufweist oder suizidale Gedanken jetzt gerade hegt.
Was ist wenn Sie diesen Verdacht haben? Was ist, wenn eine Diagnose vorliegt, bei der das Suizidrisiko deutlich erhöht ist, wie beispielsweise bei der Depression?
Sprechen Sie das Thema Suizid an
Zunächst einmal für die Begegnung mit dem Suizidenten gilt: Sprechen Sie das Thema an!
Aus der Psychotherapie: Thomas Schnura erklärt das Thema Suizid
Die Annahme, dass man den Menschen auf falsche Gedanken bringt, ist eine Illusion, das stimmt so nicht. Dieser Satz, dass man im Hause des Gehenkten nicht vom Strick sprechen sollte, ist in diesem Zusammenhang auch falsch. Tatsache ist, dass alle Versuche den Suizidauslöser herunterzuspielen, tröstlich zu wirken, zu bagatellisieren, einen geradezu gegenteiligen Effekt haben.
Wenn Sie also einen Menschen fragen, der sich in einer depressiven Lebensphase befindet und er sagt „Ja, er habe schon an den Suizid gedacht“, dann sprechen Sie mit ihm darüber. Auch wenn es für Sie erschreckend und ängstigend sein kann. Es ist definitiv nicht so, dass wir in unseren therapeutischen Bemühungen einen Menschen überhaupt erst auf den Gedanken bringen.
Trösten kann bei Suizidgefahr kontraproduktiv sein
Der Versuch also einen Suizidenten zu trösten, ihm zu sagen, es gebe ja diesen Silberstreif am Horizont oder sehen sie draußen scheint doch die Sonne, solche sicherlich lieb gemeinten Versuche sind geradezu kontraproduktiv.
Auch der Versuch einem Menschen, der einen Suizidversuch hinter sich hat, zu unterstellen, er habe sich ja in Wirklichkeit gar nicht wirklich das Leben nehmen wollen, er habe ja nur um Aufmerksamkeit betteln wollen, auch solche lieb gemeinten Versuche enden im Grunde in der Katastrophe, weil der Mensch sich mit dieser Unterstellung oft nicht ernst genommen fühlt. Er hat dann den Eindruck,er müsste die Ernsthaftigkeit seiner Absicht unter Beweis stellen.
Also auch hier unüberlegte Beschwichtigungsversuche haben eine gegenteilige Wirkung!
Auch Suizidankündigung besprechen
Versteckte Suizidankündigungen, Suizidäußerungen, sollten nicht bagatellisiert werden, sondern offen benannt und ausgesprochen werden. Auch wenn es bei uns oder bei Ihnen auf Angst und Ohnmachtsgefühle stößt, sprechen Sie es aus, sprechen Sie den Patienten an, fragen Sie ihn gegebenenfalls.
Gerade bei Patienten mit einer depressiven Belastung ist das eine ganz wichtige Frage und wenn Ihnen der Patient sagt, er habe schon daran gedacht, sich das Leben zu nehmen, dann wird er dann spätestens erleichtert sein, wenn er feststellt dass er in Ihnen einen, mindestens gelassenen Gesprächspartner findet, der also sagt „Okay, dann lassen Sie uns darüber sprechen“.
Suizidale Krise überwinden
Überhaupt lässt sich diese suizidale Krise, in der ein Patient sich befinden mag, am ehesten überwinden, indem man dem Patienten gegenüber die eigene Angst und Sorge zum Ausdruck bringt. Ich werde Ihnen im weiteren Verlauf noch die suizidale Entwicklung nach Ringel vorstellen und Sie werden dort erfahren, dass es eine Phase gibt, in der der Patient jetzt aber wirklich entschlossen ist, er wird ganz gefühllos und kalt.
Wenn einem Menschen, der den Suizid bereits plant jemand gegenübersteht, der sagt, das macht mir Angst, das macht mir Sorgen, dann berührt dass unser Gegenüber unter Umständen und führt ihn zurück, ein Stück zurück in sein eigenes Leben.
Die Notwendigkeit konkreter Schutz- und Vorsichtsmaßnahmen auf der Handlungsebene stünden demgegenüber erst an zweiter Stelle.
Letzte Möglichkeit: Notarzt einschalten
Dennoch lassen sich unter Umständen eben solche Handlungen nicht vermeiden, das heißt, also selbst wenn Sie es nicht hinkriegen, selbst wenn Sie es nicht hinbekommen den Patienten zu einem Suizid- bzw. Antisuizidvertrag zu überreden, selbst dann müssen wir noch kucken, können wir hier etwas tun und wenn die letzte Antwort lautet – „Nein keine Chance für mich, der ich ambulant arbeite“ – dann müssen wir eben sagen, dann muss ein Notarzt eingeschaltet werden.
Der Notarzt wird hier die notwendigen Schritte in Absprache mit dem Amtsarzt oder einem Psychiater einer Klinik unternehmen, um den Suizid zu verhindern.
Mit welcher Berechtigung Suizid verhindern?
Da mag sich die Frage stellen: Mit welcher Berechtigung greifen wir denn in die Lebensgestaltung eines Menschen ein?
Suizidalität: Thomas Schnura fragt „Mit welcher Berechtigung greifen wir ein?“
Mit welcher Berechtigung maßen wir uns an, diesen Suizid zu verhindern? Aber an dieser Stelle sei einmal ganz persönlich angemerkt, sehr viele Menschen haben schon mal über einen Suizid nachgedacht und ihn dann doch nicht ausgeführt.
Wenn sie dann fünf Jahre später auf diesen Augenblick zurück schauen, dann stellen sie fest, „Mann, gut dass ich’s nicht gemacht habe“!
Denn seitdem hat sich ja doch wie im Leben jedes Menschen das ein oder andere Positive auch wieder ereignet.
Ein Mensch, der durch das Leid, durch die Kränkungen, durch den Verlust so blind geworden ist, dass er nichts anderes mehr sieht! Einem solchen Menschen in die Tat zu fallen, ist eben darüber berechtigt das man sagt, „Naja es wird ja noch etwas anderes passieren“.
Auch wenn der Verweis, in 100 Jahren ist das alles vorbei oder sowas, auch wenn so ein Verweis albern und kontraproduktiv ist, aber die Berechtigung beziehen wir daraus, dass sich die Zeiten auch wieder ändern werden.
Sozialer Rückzug vor dem Suizid
In der Phase des sozialen Rückzugs, die dem Suizid möglicherweise vorausgeht, in dieser Phase kommt eine Zeit, in der der Patient Andeutungen und Anspielungen macht, in der er Drohungen und Voraussagen ausspricht.
In dieser Phase halten sich die selbst erhaltenen und selbst zerstörerischen Kräfte noch die Waage. In dieser Phase ist ein Mensch für therapeutische Interventionen auf jeden Fall noch erreichbar und dass das unangenehmste Szenario eintritt, dass ein Patient zu uns kommt und sagt „Ich habe beschlossen mir das Leben zu nehmen“, das habe jedenfalls ich in meiner über zwanzigjährigen Praxiserfahrung noch nicht erlebt.
In dieser Situation sind wir natürlich in einer ganz besonderen Situation, weil ich als Therapeut dann auch verpflichtet bin, einen Suizid zu verhindern.
Das heißt also, wenn einer wirklich entschlossen ist und demzufolge auch über seine Absicht gar nicht mehr redet, dann ist er für uns auch nicht oder fast nicht mehr zu erreichen!
So geht’s weiter:
Mehr Filme aus der Psychologie
Lesen Sie auch:
Amtsarztprüfung: Merkmale der Schizophrenie
Organische Psychosyndrome erklärt
Neurosenlehre: Sensitive Persönlichkeit
Hypochondrie – Die hypochondrische Persönlichkeitsstörung
Facebook:
Psychotherapie -Erfolgreich lernen und praktizieren